Samstag, 6. Dezember 2008

Auf Wohnungssuche

Das ist ja ganz einfach, sagen meine türkischen Bekannten. Wenn du eine Wohnung finden willst, dann brauchst du nur durch die Gegend gehen und auf die Fenster schauen. Dort sind immer wieder Zettel angeklebt, mit dem Text „Zu vermieten“ und einer Telefonnummer. Du rufst an und lässt dir die Wohnung zeigen.
Klappt bei mir aber irgendwie nicht. Also verlege ich mich wieder auf die Suche im Internet und komme dabei um diese Immobilienmakler nicht herum, die von mir eine ganze Monatsmiete verlangen werden, bloß weil sie mich in ein Haus führen und die Wohnung aufsperren.
Wohnung 1 liegt im fünften Stock und ist über eine metallene Wendeltreppe erreichbar. Im Vergleich zu diesem Stiegenhaus wirken die Feuerleitern an den Außenwänden der Häuser wie solidestes Bauwerk. Die Aussicht auf den Bosporus aber ist überwältigend. Nur ist es schwierig auf dem Balkon zu stehen, weil dieser nach vorne kippt.
Wohnung 2 ist groß und hell, neu renoviert und hat zwei Zimmer. Aber es hat sie gerade ein Deutscher gemietet. Wozu er mir sie dann zeige, frage ich den gesprächigen Makler. Weil in dem Haus noch etwas frei ist.
Wohnung 3 aber ist noch nicht fertig. Es soll ein ausgebautes Dachgeschoss werden. Wo ist denn das Klo? Ja, wo denn – der Makler gibt die Frage an den Handwerker weiter. Unter einer Dachschräge wurde ein kleines Plätzchen geschaffen, in das du nur gebückt reinschlüpfen kannst. Stehen ist nicht möglich. Auch für eine Dusche sind die Räume nicht hoch genug. Dafür soll ein Yacuzi ins Schlafzimmer kommen.
Wohnung 4 ist ebenfalls neu renoviert. Nur ist es das einzige renovierte Haus in der engen dunklen Gasse. Rundherum wunderschöne aber völlig verfallene und – auf den ersten Blick – unbewohnte Jahrhundertwendehäuser. In der Nacht sollte ich lieber mit dem Taxi heimkommen, rät der Makler.
Wohnung 5 ist zu teuer, Wohnung 6 zu klein (und zu teuer), die Möbel in Wohnung 7 sind so hässlich wie Billigmöbel aus den 80er-Jahren nun mal sind.
Gut, vielleicht soll es nicht Beyoglu auf der europäischen Seite sein, denke ich und versuche es in Kadiköy auf der anatolischen Seite. Die Mieten dort sollen sowieso niedriger sein.
In dem alten Haus, wo mir der 70-jährige Besitzer Wohnung 8 und 9 zeigt, gibt es keine Heizung. Wäre vielleicht nicht so ein Problem, aber die Wohnungen sind völlig verdreckt. Wir sitzen noch ein wenig zusammen, trinken Kaffee, er klagt mir sein Leid als Wohnungsbesitzer und küsst mich dann auf beide Wangen. Er hätte mich so gerne als Mieterin, sagt er zum Abschied.
Wohnung 10 ist bis an die Decke jedes einzelnen Zimmers mit Krempel angeräumt. Alte Radios, ausgemustertes Gewand, ungebrauchte Möbel, Polster, kaputtes Spielzeug: Alles stapelt sich in den drei kleinen Räumen. Wenn ich etwas nicht brauche, könne es der Besitzer ja wegnehmen, sagt die Maklerin. Ich brauche gar nichts davon.
Gut, vielleicht doch wieder Beyoglu.
Wohnung 11, 12 und 13: zu teuer, zu klein, zu grindig. Klar, für 1500 Euro kannst du tolle Wohnungen in Istanbul bekommen. Aber ich bin nun einmal kein Geschäftsmann, dessen Firma die Dienstwohnung mit Terasse und Meerblick bezahlt. Dennoch bin auch ich eine Ausländerin. Und Ausländer hätten nun mal Geld, das es ihnen abzuknöpfen gilt, ist die häufige Annahme.
Wohnung 14 bis 17: nothing to write home about.
Wohnung 18: wunderschöne hohe Räume, neue Küche, Parkettboden, zwei kleine Balkone mit Blick auf Halic, das Goldene Horn, drei Zimmer. Wenn ich groß bin, will ich so eine Wohnung. Jetzt aber ist mein Budget zu klein.
Wohnung 19 sehe ich mir zwei Mal an, das zweite Mal mit E. Als wir in die nächste kleine Gasse einbiegen, sagt sie: Nein. In diese Gegend solltest du nicht ziehen. Das Viertel sei nicht unbedingt sicher. Doch die Wohnung lässt mir keine Ruhe. Ebenfalls hohe Räume, alte im Original belassene Holztüren, Parkettboden, genug Platz für mich und Gäste, nur wenige, dafür brauch- und ansehbare Möbel.
Wohnung 20 ist nett und freundlich, doch Wohnung 19 wartet.
An Wohnung 21 habe ich auch etwas auszusetzen. Der Makler ruft an, dass Wohnung 19 etwas billiger zu haben ist. Ich zögere noch und schaue mir Wohnung 22 an.
Und dann rufe ich den Makler an. Ich will sie, ich nehme sie. Doch auch mit Wohnung 19 wird nicht alles ganz einfach.

Keine Kommentare: