Sonntag, 6. April 2008

Die naechstgelegene Baustelle

Schlafen ist in Istanbul zum Abgewöhnen. Nicht nur wegen der Lokale, der kleinen Kneipen und feinen Clubs, die es unmöglich machen einfach am Abend heimzugehen, selbst wenn der beste Vorsatz da ist. Nicht nur wegen des Verkehrslärms und des Gehupes, das schon so früh beginnt, dass es verwunderlich ist, wie viele Menschen schon wach sind. Auch wegen der Bauarbeiten. Die können gar kein Ende nehmen in einer Stadt, die ständig wächst. Die nächstgelegene Baustelle ist fünf Meter von meinem Hotelzimmer entfernt. Ein altes Gebäude wurde abgerissen, ein neues muss her. Gebaggert wird auch in der Samstagnacht, um Mitternacht, um eins, um zwei. Das Schürfen in der Erde, das Piepsen des zurücksetzenden Lkw, die Schreie an den Fahrer „Gel, gel!“ – „Komm!“: Es ist unentwegt zu hören.
Am Sonntag Vormittag ist die Baustelle eine der größeren Attraktionen in den umliegenden zwei, drei Gassen. Ein halbes Dutzend Männer sieht den Arbeiten zu, raucht Zigaretten, kommentiert. Ein Page aus einem der umliegenden Hotels steht in seiner rotgoldenen Uniform vor einem Steinhaufen. Einer aus dem Publikum hilft ein paar Bretter über die Baustelle zu tragen, ein anderer legt mit Hand an, um die schwere Plastikplane zu befestigen, die über den mit Erde befüllten Lkw gelegt wird. Auf einmal fängt es an zu nieseln. Behäbig gehen die Männer auseinander, ohne Eile schlendern sie weiter, die Hände in den Hosentaschen. Die kleinen Teehäuser füllen sich.

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